Donnerstag, 10. Mai 2007

Wahlen in Frankreich

Als Sozialisten, die die Marx´sche Analyse der Funktionsweise des Kapitalismus kennen, wissen wir, dass die politische Farbe einer Regierung keineswegs der entscheidende Faktor für die Entwicklung des Lebensstandards und für die Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen ist.

Entscheidend sind die Gesetze eines Wirtschaftssystems, das nur produzieren lässt, um damit Profite zu erzielen. Es sind also nicht die Regierungen, die letztendlich bestimmen, wie die Wirtschaft zu funktionieren hat. Die Erfordernisse der kapitalistischen Ökonomie sind es, die diktieren, wie Regierungen zu handeln haben.

Mit welcher Motivation auch immer die Regierungsgeschäfte begonnen werden, früher oder später zwingt der Kapitalismus jede Regierung dazu, die Profite vor die Bedürfnisse der Menschen zu setzen. Letztendlich ist jede Regierung dazu da, die Interessen des Kapitals gegen die der Lohnabhängigen durchzusetzen.

Bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im Mai 2007 gab es die Wahl zwischen einem Politiker, der offen zugab, die Interessen des Kapitals durchzusetzen, und einer Politikerin, die ganz unabhängig davon, was sie bei Wahlveranstaltungen verkündete, nichts anderes hätte machen können, als die Interessen des Kapitals durchzusetzen.

Die Empfehlung der Sozialistischen Partei (nicht zu verwechseln mit der "SP" der Frau Royal) an die französischen Lohnabhängigen lautete folgerichtig, dass es sich nicht lohne, einem der beiden Kandidaten seine Stimme zu geben. Und dass es stattdessen besser sei, sich auf die kommenden Auseinandersetzungen um Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen vorzubereiten.

Wie das Ergebnis zeigte, haben fast alle Wahlberechtigten ihre Stimme dennoch abgegeben. Unsere Empfehlung kam nicht gerade gut an. Die Franzosen wählten einen der beiden Kandidaten des Kapitals.

Trotzdem: Präsident Sarkozy, der Wahlsieger, ist durchaus nicht besonders populär. Denn immerhin war er so ehrlich, ein grandioses “Reform- und Modernisierungsprogramm” (im Stil der Schröder´schen SPD) anzukündigen. Also den sozialen Angriff auf den Lebensstandard der Lohnabhängigen.

Den Franzosen gehe es zu gut. Um in der gnadenlosen Konkurrenz auf dem Weltmarkt bestehen zu können, müsse Frankreich wieder wettbewerbsfähig werden. Die Herausforderung der Globalisierung müsse angenommen, Frankreich, d.h. die Lebensbedingungen der Lohnabhängigen, müssen den derzeit gängigen Standards des kapitalistischen Weltsystems angepasst werden.

Frau Royal argumentierte übrigens etwas anders: Sie trat eher „globalisierungskritisch“ auf und versprach, die Franzosen vor den Zumutungen des Weltkapitalismus schützen zu wollen. Das wäre ihr zwar genauso wenig gelungen, wie dies früher Onkel Mitterrand gelang, aber das ist ein anderes Thema. Zurück zum Präsidenten. Was verspricht er?

Die LohnarbeiterInnen in Frankreich werden länger arbeiten und weniger verdienen. Die staatlichen Sozialleistungen werden verringert, die Arbeitsgesetzgebung den Wünschen der Kapitalisten stärker angepasst. Noch was? Die migrantischen Wohnviertel werden vom „Gesindel“ gesäubert. Dazu erhielt er das Mandat von immerhin 53 Prozent der Wählerinnen und Wähler.

Aber diese 53 Prozent dürften kaum ausreichen, um das Bewusstsein und die Stimmung der Lohnabhängigen derart zu befrieden, dass der Präsident seine Versprechen ohne auf den erbitterten Widerstand der „Betroffenen“ zu treffen, wird durchsetzen können.


Der von den Kapitalisten entfesselte soziale Krieg, la guerre social, gegen die Lohnabhängigen dürfte nicht unbeantwortet bleiben.

(ALB und Ananda)