Sonntag, 28. Juni 2009

Was passiert im Iran?

Was passiert im Iran? Es ist schwer, diese Frage zu beantworten, wenn man berücksichtigt, dass es nicht viele überprüfbare Informationen gibt und es als sicher gelten kann, dass sowohl die offiziellen Medien der Islamischen Republik, als auch die der „Freien Welt“ Lügengeschichten auftischen.

Und dass die Nachrichten aus dem Umfeld der innerhalb und außerhalb des Irans agierenden Opposition glaubwürdig sein sollen, auch das scheint mir sehr zweifelhaft zu sein, wenn ich mit vergegenwärtige, um welche Gruppierungen es sich dabei in der Regel handelt.

Aber abgesehen davon meine ich, dass Kommunisten nicht zögern dürfen, wenn es darum geht, ihre Gegnerschaft zu Ahmadinedschad und dem islamischen Regime zum Ausdruck zu bringen.

Darin unterscheiden sich Kommunisten von jenen Linken, die, inspiriert durch die Leninsche Imperialismus-Theorie, bestimmten Nationen und Staaten eine progressive Rolle im kapitalistischen Weltsystem zuschreiben – und das auch noch im 21. Jahrhundert.

Diese Linken meinen, dass die Islamische Republik, eine der dunkelsten und widerwärtigsten Diktaturen der Gegenwart (gut, mit der Demokratischen Volksrepublik Korea kann das Mullahregime es nicht aufnehmen), deshalb fortschrittlich sei, weil deren geopolitische Interessen nicht vollständig mit denen der USA übereinstimmen.

In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts spielte bei den Maoisten, vor dem Hintergrund der Drei-Welten-Theorie, die iranische Monarchie des Reza Schah Pahlavi die gleiche antiimperialistische Rolle, die der Islamischen Republik durch heutige Antiimperialisten zuerkannt wird. Egal ob Schah oder Ajatollah – Hauptsache es geht gegen die USA (gegen die „internationale Völkermordzentrale“ usw., usf.).

Tatsache ist, dass die brutale Unterdrückung der lohnarbeitenden Menschen im Iran, sei es als Gewerkschaftler, Schwule, Busfahrer oder Frauen, ausschließlich den Interessen des globalen Kapitals dient, auch wenn sie – aus Perspektive des Irans – auch dabei helfen soll, die Position des Kapital/Staates Iran im Konkurrenzkampf mit den USA, der EU, Russlands usw. zu stärken.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass das iranische Regime nicht nur Lohnarbeiter angreift, im Rahmen der gewöhnlichen Ausbeutung und Unterdrückung, nicht nur besonders brutal wird, wenn sich die Arbeitenden zur Wehr setzen, sondern – ganz unabhängig von ihrem sozialen Status – ein gegen die sexuelle und kulturelle Selbstbestimmung der Menschen im Allgemeinen und gegen Frauen im Besonderen gerichtete sozusagen spezifische Herrschaftsform des Kapitals verkörpert.

Meines Erachtens sollten Kommunisten auch Mousavi gegenüber in Opposition stehen und das nicht vor allem deshalb, weil er in der Anfangszeit des islamischen Regimes zu seinen besonders blutigen Repräsentanten zählte (Menschen können sich bekanntlich ändern), sondern deshalb, weil er noch nicht einmal ein Programm vertritt, das grundlegende demokratische und menschenrechtliche Standards einführen könnte. Dass er den iranischen Kapitalismus fortsetzen will, mit ein paar Modifikationen vielleicht, kann als gesichert gelten. Und dies ist der entscheidende Ausschlussgrund für eine politische Unterstützung durch Kommunisten.

Mousavi ist wahrscheinlich ein Kristallisationspunkt für eine städtische und „jugendliche“ Bewegung der Lohnarbeitenden, die in den Medien als „Mittelschichten“ bezeichnet und von manchen Linken mit diesem Namen „diskreditiert“ werden und zwar deshalb, weil sie verschleiern wollen, dass Krankenhausarzte, Lehrer oder Angestellte religiöser Stiftungen genauso Lohnarbeitende sind, wie Industriearbeiter, Toilettenreiniger oder Bankangestellte.

Dass Kommunisten den Wert demokratischer und menschenrechtlicher Standards, wenn sie sich auch deren Beschränktheit und unsichere Verankerung in der kapitalistischen Gesellschaft bewusst sind, anerkennen, halte ich für genauso selbstverständlich, wie die Annahme, dass das einzige unmittelbare Ziel einer kommunistischen Organisation der Kommunismus sein muss und dass deren einzige Aufgabe es ist, die Entwicklung des kommunistischen Bewusstseins unter den Lohnabhängigen voranzutreiben.

Der Kommunismus als „Minimalprogramm“ verträgt sich aber sehr gut mit der Kommunikation mit Menschen, die sich auf demokratische und Menschenrechte konzentrieren, bzw. bedauerlicherweise beschränken.

Dabei kommt es darauf an, auf die Beschränkung solcher Ziele und Wünsche in freundlichem Ton und mit Hilfe rationaler Argumente klar hinzuweisen, insbesondere darauf, dass dem Kapitalismus als unpersönlichem System die menschlichen Bedürfnisse gleichgültig sind (außer in warenförmiger Form).

Es ist unangemessen, finde ich, von oben herab, abstrakt, hysterisch und gewalttätig den „Kommunismus“ zu fordern. Das Latschen in einheitlich schwarzer Kleidung hinter eng geknüpften Vorder- und Seitentransparenten „für den Kommunismus“ ist eine Karikatur dieses Quatsches.

Den Kommunismus „zu fordern“ ist ohnehin reichlich naiv, denn er ist nicht herbeizufordern, genauso wenig, wie es erfolgsversprechend ist, den Regen herbeizubeten. Der Kommunismus kann nur dann geschaffen werden – seine objektive Möglichkeit setze ich seit dem 20. Jahrhundert voraus - wenn ihn eine große Anzahl von Lohnarbeitenden weltweit will und sie in der Lage ist, alle Hindernisse zu beseitigten.

Ob es sich dabei um eine bewusste und aktive und große Mehrheit handeln muss, oder nicht, das sei ebenso dahingestellt, wie die Frage, ob es zu einer solchen großen Mehrheit unter kapitalistischen Verhältnissen überhaupt kommen kann. Aber eines scheint mir sicher zu sein, eine kleine Minderheit, auch unter Führung der bestmöglichen Partei, wird es nicht schaffen. Der Kommunismus ist darauf angewiesen, dass sehr viele Lohnabhängige seine Vorteile verstehen, ihn wollen und ihn gemeinschaftlich – als ihr eigenes Interesse - durchsetzen.

Kommunisten müssen sich von der Islamischen Republik Iran genauso distanzieren, wie von einem „Regime Change“. Denn auch in dieser Frage stehen Kommunisten nicht mit einer kapitalistischen Macht, gegen eine andere, sondern gegen alle.

Allein schon aufgrund einer allgemeinen menschlichen Sympathie wünsche ich den gegen das Regime im Iran Demonstrierenden alles Gute und der Islamischen Republik ein baldiges Ende.

Ananda