Montag, 7. Juni 2010

Über das Meer nach Gaza

Zum wiederholten Male wurden im Nahen Osten unschuldige Menschen getötet und verletzt, es dürfte sich dabei um Lohnabhängige gehandelt haben. Als sich Israel von der gegen die Blockade des Gaza-Streifens gerichteten Free Gaza Flotte in seinem Herrschaftsanspruch herausgefordert sah, beschoss seine Staats- und Militärführung den Einsatz ihrer überwältigenden Militärmacht. Regierungen versuchen oft sich so darzustellen, als ob sie ganz anders wären, als irgendwelche Terroristen. Israel versuchte dies, mit seinem öffentlichen „Bedauern“ über die von seinem Militär erschossenen und verletzten Aktivisten. In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass das offizielle Regierungshandeln und die Praxis von Terroristen hinsichtlich der angewandten Mittel und Methoden und der verfolgten Ziele nur wenig voneinander abweicht.


Wir (die SPGB) stellen uns nicht auf die Seite eines Staates gegen einen anderen. Denn sämtliche Staaten sind (das ist sozusagen ihr Wesen) hochorganisierte Kräfte der nationalen Herrschaft, wozu insbesondere die Herrschaft über die jeweiligen „nationalen“ Arbeitskräfte und Märkte zum Wohle des „nationalen“ Kapitals gehört. Notwendigerweise kommt auch die Durchsetzung nationaler Interessen (wir erinnern uns an die Einsichten des Ex-Bundespräsidenten Köhler) auf globaler Ebene hinzu, wenn es sein muss, gegen andere „nationale“ Interessen. Und selbstverständlich auch mit Hilfe des gesamten Gewalt- und Medienapparates, die der Staat jeweils zur Verfügung hat.


Wir stehen zu allen Staaten in Opposition und wir unterstützen die Interessen der Unterdrückten nicht auf selektive Weise, sondern unterschiedslos überall. Spontan stellen wir uns immer auf die Seite der Unterdrückten und gegen die Unterdrückenden. Und im Falle des israelischen Angriffs auf die Schiffe ist uns klar, dass Israel als unterdrückerische und gewalttätige Macht aufgetreten ist. Dies gilt auch für seine gesamte verabscheuungswürdige Politik gegenüber der palästinensischen Bevölkerung, insbesondere in Gaza.


Wenn wir auch mit den Opfern der israelischen Repression sympathisieren, schon allein aus einem menschlichen Impuls heraus, bedeutet dies nicht, dass wir die in Gaza verbreiteten Vorstellungen unter den Unterdrückten über die Methoden und Ziele ihrer Befreiung unterstützten.


Unsere Gegnerschaft zum Zionismus (als der in Israel herrschenden nationalistischen Ideologie) bedeutet nicht, dass wir auf Seiten der Hamas oder der Fatah (und deren nationalistischen und religiösen Ideologien) stünden. Im Gegensatz zur Auffassung vieler Linken, ist für uns der jüdischen Nationalismus keineswegs besonders verdammenswert. Denn wir verurteilen alle Nationalismen in gleicher Weise. Alle Staaten sind künstliche, durch Gewalt geschaffene, Gebilde und alle Staaten entbehren jeglicher Legitimität. Israel ist seit seiner Gründung ein kapitalistischer Staat, wie dies alle anderen Staaten der Welt ebenfalls sind, und ein künftiger palästinensischer Staat wird ebenso kapitalistisch sein.


Die Sozialistische Partei (SPGB) weist seit über 100 Jahren kontinuierlich hin auf die verheerenden Wirkungen der politischen Apathie, des Vertrauens in irgendwelche Führer, der kritiklosen Hinnahme von Regierungsentscheidungen durch die Arbeiterklasse , also durch die Lohnabhängigen, die die Mehrheit der Bevölkerung in den entwickelten Gesellschaften stellen.


Gerade diese Inaktivität ist eine wichtige Ursache für die Fortsetzung unserer Ausbeutung, denn die herrschende Klasse erkennt darin unsere Einwilligung zur weiteren Durchsetzung ihrer eigenen Interessen.


Der Kapitalismus bringt aus sich selbst heraus den Krieg hervor, aber die Apathie der Klasse (von kleinen Minderheiten abgesehen) ist ein wichtiger Aspekt dieses mörderischen Prozesses. Es ist eben diese Passivität und Selbstzufriedenheit und deshalb in gewisser Weise auch die Komplizenschaft der Arbeiterklasse, die diese schrecklichen Lebensbedingungen in Gaza unter der Herrschaft Israels und der Hamas überhaupt erst mit erschaffen. Für andere Bevölkerungen und für andere Teile des Planeten gilt dies ebenso.


Die Übel in der Welt (Lohnarbeit, Ware, Geld, Kapital, Staat, Krieg, Armut) werden durch die ständig in Konkurrenz gegeneinander stehenden kapitalistischen Rivalen verursacht.


Die verschiedenen zeitweiligen Allianzen der herrschenden Klassen (also die unterschiedlichen Gangs) kontrollieren so gut wie alle Medien, mit deren Hilfe sie unablässig ihre Lügen und ihre Propaganda verbreiten. Aber all dies kann nur funktionieren, weil die Mehrheit der Lohnarbeitenden weiterhin in Ignoranz verharrt, den kapitalistischen Ideologien (wie Nationalismus und Religion und „Demokratie“) folgt und dadurch faktisch die Interessen des Kapitals fördert und die eigenen missachtet, bzw. sich noch nicht einmal der eigenen Interessen bewusst ist.


Der Frieden ist immer besser als der Krieg. Denn Kriege werden niemals im Interesse der „einfachen Menschen“, sondern immer im Interesse der Herrschenden geführt. Und weil es immer die „einfachen Menschen“ sind, die im Krieg besonders leiden. Diese „einfachen Menschen“ sind in den modernen Gesellschaften die lohnabhängigen Teile der Bevölkerung, die aber - das ist nicht ohne Tragik - häufig sich für die Kriegsziele ihrer Herrschaften einspannen lassen und, wenn sie es nicht tun, zumindest nichts wirksames einzuwenden haben, wenn Kriege trotzdem geführt werden. Die Lohnabhängigen sind zwar die faktischen Opfer von Kriegen, in den unterentwickelteren mehr als in den mächtigen und entwickelnden Ländern, aber ein Teil von ihnen gehört auch zweifellos zu den Tätern.


Die Sozialistische Partei (SPGB) begrüßt die Beendigung von Kriegen unter allen Umständen und überall auf der Welt. Unsere Überzeugung ist, dass kein Krieg immer besser ist als Krieg. Das Töten stoppen, das Leiden beenden - das sind unsere unmittelbaren Ziele, seit 1904, seit Gründung unserer Partei.